Maibaum-Streit: Versöhnung im Rebland

Narrenzünfte brechen das Eis mit Humor

Offenburger Tageblatt vom 26.02.2019

 

Seit zwei Jahren schwelt zwischen Fessenbach und Zell-Weierbach ein Maibaum-Streit. Nach zwischenzeitlichen diplomatischen Verwicklungen und dem Abzug der Botschafter wurde nun rechtzeitig vor der Fasent Versöhnung gefeiert. 
 

Nachbarorte­ ärgern sich gerne. Das ist auf der ganzen Welt so, und das gilt auch für die Reblandgemeinden Fessenbach und Zell-Weierbach. Dort trug sich ein Maibaum-Streit in drei Akten mit einem vorläufigen Schlussakt zu.

Erster Akt: Die »Maibaum-Mafia« aus Fessenbach entführt in der Nacht vor dem 1. Mai 2017 den prächtigen Maibaum der Zell-Weierbacher. Das kommt dort gar nicht gut an. Nach einem Donnerwetter von Ortsvorsteher Willi Wunsch ist der Maibaum völlig unversehrt und pünktlich zur Zeremonie wieder in Zell-Weierbach zurück. Die übliche Ablöse wird nicht entrichtet.

Zweiter Akt: Auch im Jahr 2018 hat die »Maibaum-Mafia« wieder das Prachtexemplar des Nachbarorts im Visier. Diesmal ist man in Zell-Weierbach gewappnet. Der Maibaum lagert sicher wie in Fort Knox gut verschlossen in der WG. Die »Maibaum-Mafia« denkt sich deshalb einen neuen Streich aus: Sie füllt das Loch, in dem anderntags der Maibaum stehen soll, mit einem Güllegemisch. Dass die Gülle von Bio-Rindern aus Oppenau stammt, stimmt die Zell-Weierbacher, die die Brühe entfernen dürfen, auch nicht versöhnlich. Im Gegenteil: Sie sind richtig »stinkig«. Was für die einen Spaß ist, geht den anderen zu weit.

Dritter Akt: Beim diesjährigen Reblandtreffen in Fessenbach glänzt der Fanfarenzug der Feuerwehr Zell-Weierbach mit Abwesenheit. Außerdem helfen die Zell-Weierbacher Wehrleute nicht, wie sonst üblich, bei der Verkehrsregelung. Auch Ortsvorsteher Willi Wunsch wird nicht im Nachbarort gesichtet. Es herrscht offensichtlich noch Unmut über die Maistreiche. Die Fessenbacher Rebknörpli­ nehmen es mit närrischem Humor: Sie texten das Lied des Reblandtreffens »Die Reblandzunft, die Reblandzunft soll leben!« kurzerhand um in »Der Spielmannszug, der Spielmannszug soll spielen!«.

 

Zeller Baumoffensive

Schlussakt: Die Narrenzunft Zell-Weierbach nimmt den närrischen Ball auf. Als die Zunftmitglieder ihren diesjährigen Narrenbaum holen, kommt von den Tanzmädels die Idee, den Baum-versessenen Fessenbachern doch gleich auch noch ein Exemplar mitzubringen. Gesagt, getan. Und als die Fessenbacher am vergangenen Sonntag mal wieder ihren Narrenbaum bestaunen, liegt nicht nur ein weiterer sehr stattlicher Stamm da. Eine Delegation der Narrenzunft Zell-Weierbach mit Zunftmeister Patrik End an der Spitze beobachtet amüsiert das Treiben und spart nicht mit Flachs, dass der neue Baum ja deutlich prächtiger und größer sei als der Fessenbacher. Die Rebknörpli schreiten sofort zur Tat und stellen auch den zweiten Narrenbaum auf. 

Damit ist die Versöhnung im Maibaum-Streit närrisch-humorvoll geglückt – zumindest bis zum nächsten Mai-Streich...
 

Info I

Die »Maibaum-Mafia« ­Fessenbach sieht den Maibaum-Klau nach eigener Auskunft sportlich. Sie stelle jedes Jahr einen eigenen Maibaum auf, gewitzte Akteure aus den anderen Reblandgemeinden könnten gerne versuchen, diesem habhaft zu werden.
 

Info II

Laut dem bayerischen Innenministerium wird ein nach den traditionellen Regeln durchgeführter Diebstahl eines Maibaums als Brauchtum »geduldet«.

 

Autor: Christian Wagner

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